Freitag, 18. Juli 2014

Souilly


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Offizielle Seite der "Commune de Souilly"

Offizelle des franz. Verteidigungsministeriums: "Le camp de prisonniers allemands à Souilly dans la Meuse."

orig. Filmaufnahmen dt. Kriegsgefangener in Souilly: "German soldiers, captured in battle of Verdun, march under guard, in town of Souilly, France." - evtl. handelt es sich hier um die Filmaufnahmen, die von Mehnert beschrieben worden sind, als sie durch den Ort marschieren mussten.
Der zweite Film zeigt Bilder des Durchgangslagers.




Deutsche Kriegsgefangene vor dem Hauptquartier Souilly 1916
Die Hauptstrasse von Souilly 2014

Weitere Quellen:

P.C. Ettighoffer: Verdun – Das grosse Gericht, S. 119
Es ist einwandfrei nachgewiesen, daß die französische Verdunverteidigung dicht beim Dorf Souilly, also unter den Augen des Generalstabes, ein sogenanntes Kronprinzenlager errichtete, in dem die gefangenen deutschen Verdunkämpfer ganz besonders schmachvoll durch Hunger mürbe gemacht werden sollten, um sie zu Aussagen über eigene Truppenstärken, Batteriestellungen, Reserveunterstände und Anmarschwege zu zwingen.

Hrsg. von zwei Kriegsbeschädigten:
Die Bestie im Weltkriege : Verbrechen an deutschen Volksgenossen. Heft 6 der Schriftenfolge : Hinter dem Stacheldraht. -
Berlin: Gersbach und Sohn Verlag, o. J., ca. 1920


Das Vergeltungslager Souilly
Unsere kriegsgefangenen Kameraden sind nach einer Leidens- und Schreckenszeit ohnegleichen aus Frankreich und England in die Heimat zurückgekehrt. Was sie über ihre Erlebnisse hinter dem Stacheldraht erzählen, ist so erschütternd in seiner unvergleichlichen Grausamkeit, daß sich die Feder fast sträubt, es wiederzugeben.
In den Berichten der Heimkehrer wird immer wieder als eine furchtbare Stätte unmenschlicher Leiden
das Vergeltungslager Souilly
in der Nähe von Verdun genannt.


In besonders lebhaften Farben schildert der ehem. Kriegsgefangene Max Nees, Musketier im Res.-Inf.-Regt. Nr. 87, aus Offenbach a. M., seine Erlebnisse in jenem Lager:

"Hier (in Souilly) sollten nun unsere Leiden beginnen, Leiden, von welchen niemand eine Ahnung hatte, und welche wir den Franzosen niemals zugetraut hätten.
Wir alle hofften nun nach den Tagen der Unruhe und des Hungers - ich hatte z. B. am 15. 12. 16 keine Verpflegung mehr erhalten - auf eine geeignete Unterkunft und freuten uns darauf, den müden Körper ausruhen zu können. Der größte Teil der Kameraden war infolge des Gewaltmarsches, den die Franzosen mit uns machten, auch fußkrank, und bei den kurzen Rasten unterwegs blieben diese auf der Chaussee liegen und konnten nur mit großer Mühe weitertransportiert werden.
Aber welche Enttäuschung sollten wir erleben!
Man trieb uns in einen Stacheldraht, umgeben mit Maschinengewehren, fußhoch der Schlamm, in eine oben und unten vollständig zerrissene Zelthalle, also alles frei und offen; es begann in dieser Nacht zu frieren und wurde bitterkalt.
Wie die wilden Tiere liefen wir auf und ab, nur um in Bewegung zu bleiben und keinen ernsten Schaden zu nehmen. Trotzdem gab es eine ganze Anzahl Leute mit erfrorenen Gliedmaßen. Zwei Tage und zwei Nächte dauerte dieses Elend im Freien. Sodann verbrachte man uns in das nächste Zelt, welches aber schon von zirka 300 Mann belegt und so überfüllt war, daß sich keiner mehr rühren und regen konnte. Man lag nachts übereinander; was dann nachts hier vorging, ist nicht zu beschreiben. In diesen Tagen regnete es nun ohne Aufhören; durch Regen und Sturm wurde diese Halle zwei Tage später umgerissen, das Lager selbst, vorher Acker, glich einem großen Schlammbad.
Die Verpflegung bestand aus Wasser und Brot, dazu ab und zu einer kleinen Büchse Rindfleisch für 4 Mann. Das Wasser wurde in einem Wiesengrund geholt und war ungenießbar. 24 Stunden gab man uns überhaupt keine Nahrung.
Am 20. 12. 1916 kam dann die große Untersuchung; man nahm uns alles ab, mir z. B. Photographien, Militärpapiere, Bleistifte, Riemenzeug, Löffel usw., überhaupt alles, was man uns an der Front nicht abgenommen hatte, und was man nicht verbergen konnte.
Da man nun nirgends eine geeignete Unterkunft zum Schlafen fand (das einzige war eine alte, stark überfüllte Lehmbaracke), wanderte man die ganze Nacht, schlief im Stehen oder wo man gerade lag. Denn um uns 'Schweine' bekümmerte sich niemand.
Aus diesem Lager brachte man uns, etwa 160 - 180 Mann, endlich am 22. 12. 16 in eine kleine, einer Scheune ähnliche Baracke ohne Stroh oder sonstige Einrichtung, dafür aber Läuse in Hülle und Fülle.
Was dann hier vorging, spottet jeder Beschreibung; jede Nacht schlug man sich um die Plätze, es gab manches blaues Auge. Die Verpflegung war auch hier die gleiche, nur das Wasser war noch ungenießbarer und wurde in einem alten Faß geholt, woraus jedermann mit einem alten Fleischbüchschen schöpfte.
Die drei letzten Tage im Dezember gab man uns morgens etwas Kaffee: am 1. Januar 1917 schlug unsere Erlösungsstunde; wir wurden nach dem Hauptlager übergeführt, wo aber neue Leiden bevorstanden. Es kam zunächst die Entlausung, welche in unerhörter Weise vor sich ging:
Wir mußten uns ausziehen, alles zusammenpacken, die Hosenträger kamen in einen Petroleumbehälter, der Körper mußte mit Petroleum und mit Kampferöl eingerieben werden. Aber dies alles war ja noch zu ertragen. Die Hauptsache folgte: Es ging nun nackt - wer Glück hatte, mit einem Fetzen Decke um die Schultern - mit bloßen Füßen über das Lager, meiner Schätzung nach etwa 80 bis 100 Meter weit, auf Holzrosten nach dem sogenannten Baderaum. Feuer usw. war hier Nebensache und alles halb offen und primitiv eingerichtet. Ein Stückchen Seife gab man uns, aber kein Handtuch. In diesem sogenannten Baderaum waren an der Decke zwei große viereckige Blechbüchsen angebracht, gelocht mit einem Nagel, in welche man 1 Eimer kaltes und eine Gießkanne warmes Wasser goß; darunter trieb man etwa 14 bis 15 Mann. Dann ging es mit nassem Körper den Weg zurück nach dem Entlausungsraum, welcher auf der einen Seite offen war, und in dem zwei Maschinen standen, ähnlich Lokomobilen. Hier wartete man etwa ½ - ¾ Stunden, naß und zusammengedrängt, um sich zu wärmen, auf seine Lumpen, welche dann halb verbrannt in unsere Hände kamen. Erwähnen möchte ich noch, daß der Hin- und Hertransport oft mit Stockschlägen vor sich ging.
Dieses unerhörte Verfahren mußte ich nochmals am 15. 1., 22. 1. und 24. 1. 1917 mitmachen, und ich wundere mich heute noch, daß ich damals keinen ernstlichen Schaden genommen habe, zumal ich noch an beiden Beinen eine Anzahl Furunkel hatte, was jedoch kaum berücksichtigt wurde.
An diesem Abend gab es zum erstenmale seit 16. 12. 16 warmes Essen, und zwar saure Maccaroni.
Am 2. 1. 17 arbeitete ich bereits in einem Pionier-Depot. Ich mußte mit zwei Kameraden ohne Stiefel, also in den Strümpfen, das Dach einer Autohalle (Zelthalle) mit Leinöl firnissen; die Arbeit im Regen - es war ziemlich kalt - war in den Strümpfen keine angenehme.
Den 3. und 4. 1. 1917 ging ich mit etwa 300 Mann in einen Steinbruch in der Nähe von Souilly auf Arbeit; es regnete den ganzen Tag; man gab uns kaltes Büchsenfleisch und Brot, man trank schlechtes Wasser dazu, eine Unterkunft war nicht vorhanden. Die aufsichtführenden Elsässer teilten ziemlich viel Schläge aus. Abends wurden wir mit nassen Kleidern in einer Zelthalle mit nassem Stroh untergebracht, Krankheiten waren nun die nächste Folge.
Durch diese Strapazen und die mangelhafte Ernährung in den letzten 14 Tagen und vor allem durch das schlechte Wasser, vor dem jetzt in dem Hauptlager gewarnt wurde, das man uns aber vorher zu trinken gab, wurden die meisten von uns darmkrank, und so mußte auch ich mich am 5. 1. 17 krank melden. Mit welchen Schikanen die Krankmeldung verbunden war, will ich hier übergehen, kurz gesagt, es mußte jeder durch eine Probe den Beweis erbringen, daß er darmkrank war.
Infolge mangelhafter Behandlung starben sehr viele; die Leute kamen erst dann in ein Lazarett, wenn es zu spät war. Als sich die Krankheitsfälle mehrten, sperrte man uns Kranken von den Gesunden im Lager ab, aber alles nutzte nichts mehr: es gab zuletzt mehr als 280 Kranke im Lager, alle Darmbaracken waren überfüllt.
Nun wurde das Lager gesperrt, da man von Cholera- und Typhusfällen munkelte; in einem Laboratorium untersuchte man hierauf den Kot, ich selbst machte eine dreimalige Untersuchung mit.
Erwähnen möchte ich noch den französischen Sanitätskorporal, welcher angeblich 11 Monate in deutscher Gefangenschaft war und die Leute auf alle mögliche Art und Weise drangsalierte. U. a. fragte er morgens in den Baracken: Nix kaputt? Wieviel kaputt? Er hatte Glück, denn fast alle Tage lag so ein unglückliches Opfer tot auf seinem Stroh. Da man uns unsere Löffel abgenommen hatte und keine anderen gab, mußte man die Speisen mit den schmutzigen Fingern - denn Waschgelegenheit gab es nicht - aus dem Geschirr in den Mund bringen; erst meine wiederholten Vorstellungen führten dazu, daß man uns eine Zeitlang später Löffel gab.
Nach meiner Überzeugung ging man in diesem Lager, das nicht umsonst das Schreckenslager von Souilly genannt wurde, systematisch darauf aus, die Gesundheit der Gefangenen zu untergraben, was den Herren Franzosen auch nur zu gut gelungen ist; der dortige Friedhof legt Zeugnis davon ab. Man machte keinen Hehl daraus, daß dies alles eine Strafe sei für die Kämpfer der Kronprinzen-Armee. Das Lager verließ ich am 19. 2. 1917."


Vizefeldwebel Franz Libera vom Grenadier-Regiment Nr. 6 aus Görlitz erzählt über dasselbe Lager:

"Am 15. Dezember 1916 geriet ich bei Douaumont in französische Gefangenschaft. Beim Abtransport am nächsten Tage in das Lager von Souilly machten wir in dem ersten Dorfe hinter Verdun halt, woselbst die Offiziere und einige Unteroffiziere einem Verhör unterzogen wurden. Als ein Vizewachtmeister auf Befragen, wo sich die schwere Artillerie in Stellung befinde, die Auskunft verweigerte, wurde er von einem französischen Major mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Darauf ist er unter besondere Bewachung gestellt worden, und es wurde ihm erklärt, wenn er binnen einigen Stunden nicht die Aussage mache, werde er standrechtlich erschossen. Dies geschah alles in Gegenwart des ganzen französischen Divisionsstabes, welcher in dem Dorfe war. Da wir einige Zeit darauf weiter in Marsch gesetzt wurden, und der Kamerad dort zurückbleiben mußte, kann ich nicht angeben, welche weiteren Mißhandlungen er zu erdulden hatte. Auch im Lager von Souilly wurde versucht, die Unteroffiziere zur Aussage zu zwingen, indem sie mehrere Tage nichts zu essen bekamen. Sonst waren wir in diesem Lager den schwersten Mißhandlungen ausgesetzt. Die französischen Unteroffiziere trugen dicke Stöcke bei sich; bei dem geringsten Vergehen schlugen sie damit auf die Gefangenen ein, so daß mancher Kamerad unter den wuchtigen Schlägen blutig zusammenbrach. Auch erklärten uns die französischen Unteroffiziere, daß dies das Straflager für die Kronprinzenarmee sei, welches auf Befehl der obersten Behörden errichtet wurde, und daß sie von ihren Vorgesetzten Befehl hätten, die Gefangenen zu mißhandeln.
Am 1. Weihnachtsfeiertage war Gottesdienst für beide Konfessionen angesetzt. Mitten während der Feier kamen aber die Unteroffiziere in die Zelte und trieben alle mit ihren Stöcken hinaus. Kurze Zeit darauf befanden wir uns auf dem Wege zum Steinbruch. Ausreißer wurden nach schweren Mißhandlungen, wie Schlägen, Fußtritten und dergleichen, in finstere Löcher eingesperrt und mußten täglich zwei Stunden lang mit Steinen gefüllte deutsche Tornister schleppen, deren Trageriemen entfernt und durch ganz dünnen Bindedraht ersetzt waren. Der Stabsarzt des Lagers hat schwerkranke Leute, die sich kaum noch auf den Beinen halten konnten, während der Revierstunde geschlagen und hinausgeworfen, anstatt sie in Behandlung zu nehmen. Noch schwerer mißhandelte der Korporal die Leute durch Schläge und Fußtritte. Die Namen dieser beiden Peiniger sind: Stabsarzt Georg Froin, Paris, und Korporal Bureau, Lyon."

Unteroffizier Hubert Hinz vom Infanterie-Regiment. Nr. 394 bestätigt die viehische Behandlung im Lager Souilly und fügt noch hinzu:

"Nachdem es mir so traurig in der Kampfzone ergangen war, hoffte ich auf menschlichere Behandlung im Lager Souilly-Verdun, wohin ich am Abend durch eine amerikanische Ambulanz transportiert wurde. Aber anstatt, wie ich hoffte, etwas Erfreuliches zu sehen, ein noch größeres Elend! Die Baracken und Zelte waren überfüllt von deutschen Verwundeten. So kam es, daß ich mit vielen andern zusammen in einen Drahtverhau - unter freiem Himmel - getragen wurde. Dicht aneinander lagen wir dort, ohne Decken und Mäntel; die leichter Verwundeten und Gaskranken standen dazwischen. Noch am Abend baten wir um Erneuerung der Notverbände, jedoch schlug der Militär-Chefarzt unsere Bitte glatt ab. Auch Wassertrinken wurde nicht gestattet!
Noch spät in der Nacht kam der Chefarzt - leider ist sein Name mir nicht bekannt; er trug einen schwarzen Vollbart und goldenen Kneifer - und fragte: 'Sie haben Durst?' 'Ja.' Höhnisch grinsend antwortete er: 'Warum sind Sie gekommen nach hier? Man hat Sie nicht gerufen!' Zu seinem Begleiter, anscheinend einem Elsässer, meinte er darauf: 'Voilà l'armée Boche du Kronprinz!' Eine Hilfe wurde uns nicht gewährt.
Am 21. morgens hielt dieser noble Arzt seine 'Visite', die darin bestand, daß er anordnete, die Kameraden, die ihren Wunden erlegen waren, hinauszuwerfen. Er teilte uns daraufhin noch mit, daß wir noch hierblieben, weil deutsche Flieger das Lager und den Flugplatz mit Bomben beworfen hätten. Wir seien die Repressalien. Tatsächlich blieben wir noch weitere vier Tage so liegen, ohne Nahrung und Getränk, geschweige neue Verbände. Am zweiten Tage mußte ich dringend meine Bedürfnisse verrichten. Zwei leichtverwundete Kameraden schleppten mich bis zur Latrine. Da aber dort keine Sitzgelegenheit war, mußte ich als Behelfsstütze eine Bank nehmen. Dies sah ein französischer Capitain, der mit mehreren Offizieren in der Nähe stand. Sie flüsterten sich etwas zu. Darauf kam der Capitain angelaufen, versetzte mir einen Tritt in den Leib, so daß ich mitsamt meiner Bank hinschlug. Zu diesen Schmerzen kamen die der Verwundungen, ich vermochte den Schrei nicht zu unterdrücken. Der Capitain wandte sich um und schrie mir ins Gesicht: 'Ferme la geule, sale cochon!' (Halt deine Schnauze, dreckiges Schwein!) Bei den Offizieren rief das ein allgemeines Gelächter hervor - wohlwollende Behandlung durch die Offiziere der noblen Nation!"


Von dem Unteroffizier Paul Köhler aus Berlin N 58, Gleimstr. 24, hören wir über dasselbe Lager:

"In diesem Schreckenslager Souilly war ich 21 Tage; den zweiten Tag wurden zwei Kameraden erschossen, und zwar auf folgende Weise: Es kamen von der Verdun-Offensive, welche am 15. Dezember 1916 begann, zirka 15 000 Gefangene. Als wir die sehr schlechten Zelte aufbauten, kamen die Kameraden hinter einen Drahtzaun; alle hatten großen Durst und reichten alte Konservenbüchsen durch den Drahtzaun durch, um das Regenwasser zu trinken, welches sich in dem Lehmboden in winzigen Mengen [10] angesammelt hatte. Hierbei wurden sie erschossen. Das sind die Kameraden, welche ewig vermißt bleiben werden: die Namen konnte ich leider nicht feststellen.
Die Arbeiten wurden teils im Steinbruch, teils im Wald verrichtet; die Steinbrucharbeiter, die von früh 6 bis abends 6 Uhr arbeiteten, mußten zur Strafe noch einen großen Stein bis nach dem Lager tragen, das eine Stunde von der Arbeitsstelle entfernt war. Die Waldarbeiter mußten junge Bäume abhauen, welche die französischen Sergeanten den ganzen Tag zum Schlagen auf die Kameraden benutzten. Hiervon war ich Augenzeuge, abends beim Wassersuppeempfang, wohlbemerkt nach fünf Tagen das erstemal ¼ Liter und 300 Gramm Brot! Vorher gab es nichts als jeden Tag für sechs Mann eine Fleischbüchse, dazu ¼ Liter Wasser, kein Brot. Die sogenannte 'Treibjagd' war zusammengesetzt aus einem Sergeanten, Korporalen und der ganzen Wache; es wurde blindlings immer drauflosgeschlagen, ein Kamerad brach unter der Wucht der Schläge zusammen und war tot, wurde liegengelassen, alles ging über ihn hinweg.
Nun kommen wir zu den ärztlichen Untersuchungen. Da es doch viele Ruhr- und Typhuskranke gab, welche alle in einem Zelt lagen, so mußten die Kranken des Morgens auf dem Hof in Reihen rechtsum antreten und in alten Tellern oder Kochgeschirren ihren Stuhlgang vorzeigen, was sehr schnell gehen mußte, da viele während dieses Vorganges vor Schwäche umfielen. Aus demselben Geschirr mußten sie wieder ihre Suppe genießen. Bei diesem Auftritt fragte immer wieder der berühmte Arzt, welcher mehr den Eindruck eines Apachen machte, in seinem gebrochenen Deutsch: Wieviel tot? Wenn fünf bis acht Tote waren, sagte er: 'Nicht gut, morgen mehr Tote sein.'
In diesem Lager sind 19 Kameraden wahnsinnig geworden, zum Teil gestorben, zum Teil vermißt. Die ersten fünf Tage in diesem Schreckenslager standen wir Mann an Mann, durften uns weder setzen noch legen; sowie es einer wagte, bekam man in dem sogenannten Hof einen Tornister auf den Rücken, welcher mit Steinen beschwert war, und mußte so lange unter Aufsicht des Sergeanten nach deutschem Muster marschieren, bis man umfiel und dann anschließend in eine Zelle geworfen wurde. Bei dieser Qual wurde man ständig von den französischen Sergeanten geschlagen; so ging es volle drei Wochen, bis wir ganz erschöpft waren und in einer derartig verzweifelten Lage, daß sich jeder gern den Erlöser wünschte."






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