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Samstag, 26. März 2016

Forschung/ Quellen


Die Recherche einzelner Gefangenenschicksale gestaltet sich in der heutigen Zeit des Inernets zum Teil sehr einfach. Seit des ICRC sein Kriegsgefangenenaktenarchiv des Ersten Weltkrieges online gestellt hat, hat sich eine wertvolle Quelle für die eigene Recherche erschlossen.
Auf französicher Seite arbeitet Dr. Jacques Renard erfreulicherweise an der Degitalisierung des Bestandes der deutschen Kriegsgefangenenankten.


Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge - Gräbersuche online
http://www.volksbund.de/graebersuche.html


Genealogy.net
http://www.verlustlisten.de


Denkmalprojekt
http://www.denkmalprojekt.org/


Archiv des  International Committee of the Red Cross (ICRC)
http://grandeguerre.icrc.org/


Service historique de la Défence (SHD)
Division des Archives des Victimes des Conflits Contemporains (DAVCC)
http://www.servicehistorique.sga.defense.gouv.fr/?q=content/%E2%80%A2-%C3%A0-caen


Kriegsgefangenenprojekt Dr. Jacques Renard
https://www.facebook.com/Kriegsgefangene-Projekt-677536625664277/






Sonntag, 31. Januar 2016

Statistiken

Über die Anzahl der Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg gibt es keine genauen Zahlen und meist nur Schätzungen diverser Historiker. 
Der Grad der Erforschung der Thematik "Kriegsgefangenschaft im 1. Weltkrieg" ist generell sehr gering, entsprechend ungenau und zum Teil widersprüchlich sind die Zahlen.
Die Aufzeichnungen des ehemaligen Zentralnachweiseamts für Kriegerverluste und Kriegergräber, in dem seinerzeit die Unterlagen für die deutschen Gefallenen des Ersten Weltkrieges gelagert wurden, sind gegen Ende des Zweiten Weltkrieges in Berlin durch Bombeneinwirkung weitestgehend vernichtet worden.

Die Hoffnung, dennoch valides Zahlenmaterial über die Todeszahlen deutscher Kriegsgefangener in Frankreich beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zu erhalten, wurde nicht erfüllt.

Zwar weiss der Volksbund zum Beispiel, dass in einem Massengrab in Vouziers 3200 deutsche Soldaten (2978 nicht identifiziert) bestattet sind, jedoch kann er nicht beziffern, wieviele von diesen Menschen in Kriegsgefangenschaft verstorben sind. 

  
Dennoch soll an diese Stelle etwas "Zahlenmaterial" als Zusammenfassung dargestellt werden. Es folgen Aufstellungen gemäß Oltmer und Jones.



Deutsche Kriegsgefangene       
                                   Anzahl              verstorben        Sterblichkeit
Frankreich                ca. 392.000           25.200                 6,42%
GB                             ca. 328.900           10.000                 3,04%
Rusland                    ca. 167.000           58.450                ca. 25%


Kriegsgefangene im Deutschen Reich
                                     Anzahl              verstorben        Sterblichkeit 
Frankreich                      520.500     (17.000) 38.900        (3,27%) 7,47%
GB                                   175.600        (5500) 12.400        (3,13%) 7,06%
Russland                ca. 1.400.000      75.600 - 91.000        5,4% - 6,5%    (dt. Angaben)


Eine Vergleichbarkeit dieser Zahlen ist nicht gegeben. Die Kriegsführenden Parteien waren stets bemüht, die eigenen Zahlen zu schönen und die des Gegners in ihrem Sinne zu verändern. Somit sind auch offizielle Zahlen zu hinterfragen.


Bedingt durch die unterschiedliche Zahlweise der Gefangenen und die unterschiedliche Verweildauer in Gefangenschaft selbst (dt. Kriegsgefangene wurden in Frankreich erst am Januar 1920 entlassen) läßt sich an der Sterblichkeitsrate in den Lagern der einzelnen Länder kein direkter Schluß auf die dortigen Haftbedingungen ziehen.

Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Sterblichkeit russischer Kriegsgefangener in Deutschland aufgrund deren Versorgungslage und Verweildauer höher gewesen ist, als von französischen und englischen Kriegsgefangenen.

Die Sterblichkeitsrate in Russland ist z. B. bedingt durch Epedemien in den Jahren 1914/ 15.


Nach Jones, S. 22f



Kumulierte Anzahl der Kriegsgefangenen im Deutschen Reich bis Oktober 1918
 

                          Anzahl          Anteil          Entlassung
Russland        1.434.529        56,90%        bis Juli 1922
Frankreich         535.411        21,23%        bis
31.12.1918 
GB                    185.329          7,35%        bis 31.12.1918
Rumänien          147.986          5,87%        bis 31.12.1918
Italien                133.287          5,29%        bis 31.12.1918
Belgien                46.019          1,82%        bis 31.12.1918
Serbien                28.746          1,14%        bis 31.12.1918
Portugal                 7.457          0,28%       bis 31.12.1918
USA                       2.457           0,11%       bis 31.12.1918
Japan                        107         0,004%       bis 31.12.1918
Montenegro                  5        0,0002%       bis 31.12.1918 
Gesamt           2.520.983 (tats. 2.100.000)

Erläuterung der Differenz, nach dt. Angaben:      
geflüchtet                                107.000
freigelassen/ ausgetauscht       219.000
gestorben                                135.338 (5,37%)
Summe                                  
416.338

Nach Oltmer, S. 69f

Anmerkung
Gemäß den Bedingungen des Waffenstillstandes vom 11.11.1918 musste das Deutsche Reich die Kriegsgefangenen der Entente, einschließlich der USA bis zum 31.12.1918 freilassen. Deren Rücktransport in die Heimat musste Vorrang vor dem ebenfalls verpflichteten Truppenrückzug gewärt werden.
Die Freilassung der russischen Kriegsgefangenen erfolgte bis 1922, aufgrund "revolutionärer Wirren" nach der Oktoberrevolution.
 
Die dt. Kriegsgefangenen wurden im Gegenzug nicht freigelassen, vielmehr behielten sich die Entente-Staaten vor, das Inkrafttreten eines Friedensvertrages abzuwarten. Die deutschen Kriegsgefangenen dienten somit in der Folgezeit als weiteres Druckmittel in den Versailler Friedensverhandlungen.

Die USA und GB begannen im Oktober 1919 mit der Rückführung der Dt. Kriegsgefangenen.  
Frankreich repatriierte als letzter Entente-Staat ab 10. Januar 1920 (Ratifizierung des Versailler Vertrages). Die Aktion war im März 1920 abgeschlossen. Die verurteilten dt. Kriegsgefangenen verblieben z.T. bis 1922 in französischer Haft.

                      

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Presse/ Referenz/ Lesungen


Berichterstattung in den Medien

KÖLNISCHE RUNDSCHAU, 11.06.2015

MAGDEBURGER VOLKSSTIMME, 02.07.2015 

WOCHENENDE SCHAUFENSTER VORGEBIRGE, 17.10.2015 - "Einzigartiges Zeitdokument"

KIRCHENZEITUNG für das Erzbistum Köln, 01.04.2016, Ausg. 13

EVANGELISCHE ZEITUNG HAMBURG, 19.02.2017
"Im Vergleich zu anderen Gefangenschaftsberichten sind Mehnerts Aufzeichnungen nicht antifranzösisch oder revanchistisch. Einer christlichhumanistischen Grundhaltung folgend, hält Mehnert fest: "nicht, um erneut Hass zu säen, sondern um ein Beispiel zu geben, wie man es in Zukunft nicht mehr machen soll." "

HARTHÖHENKURIER, Ausgabe 01/2017
"Ein mitreißendes Werk mit 56 Abbildungen und Karten nebst Erläuterungen, das der HHK seinen Lesern besonders empfehlen möge.", Oberst a.D. Friedrich Jeschonnek 

Buchempfehlungen



CLAUSEWITZ SPEZIAL 11 
VERDUN

Lesenswert!







 DEUTSCH-FRANZÖSISCHE GESELLSCHAFT BONN, 09.05.2016, Nr. 2016 -2
LESEEMPFEHLUNG


Rundbrief der VEREINIGUNG DEUTSCH-FRANZÖSISCHER GESELLSCHAFTEN FÜR EUROPA (VDFG), Juni 2016
LESEEMPFEHLUNG



Aufgenommen in die Mediathek des

Volksbund Dt. Kriegsgräberfürsorge e.V.


"Biografien und Erinnerungen"




Buchvorstellungen/ Vorträge zum Thema "Kriegsgefangenschaft"

Ich freue mich sehr über jede Gelegenheiten zu einer Lesung/ einem Vortrag
Bitte kontaktieren Sie mich über die Kommentarfunktion. 



Musée de la Voie Sacrée in Souilly

Mehnert zitiert im Musée de la Voie Sacrée
PG- Lager in Souilly

Das Musée de la Voie Sacrée in Souilly wurde nach Überarbeitung der Ausstellung und Erweiterung/ Modernisierung des Gebäudes im Frühjahr 2016 neu eröffnet.

Mehnert war selbst in diesem Lager interniert - seine Schilderungen der Lagerbedingungen wurden in die Ausstellung als "Zeitzeugenstimme" eingearbeitet.



Freitag, 21. August 2015

Antideutsche Propaganda in Frankreich

LE PETIT JOURNAL - 05.März 1916 - Nr. 1315

TÊTES DE BOCHES
Défilé de prisonniers allemands dans une tranchée conquise par nos troupes



BOCHE KÖPFE (frz. für "Dickköpfe/ Holzköpfe")
Vorbeimarsch der deutschen Gefangenen in einem durch unsere Truppen eroberten Schützengraben





Hier sind sie die Helden der Kultur! Hier sind sie die Meister der Welt, die Repräsentanten der überlegenden Rasse, der auserwählten Rasse!
Alle diese Typen an Deutschen, die durch den Schützengraben marschieren, den unsere Truppen erobert haben, sind Ebenbilder der Natur. Sie finden hier Exemplare der Rasse vom Pommerschen Schwergewicht bis zu Herrn Professor mit Brille, behaart und eingebildet.
Hier sehen Sie den Offizier, den "Junker" mit Monokel, eingebildet und hochmütig und der darüber empört zu sein scheint, dass man sie so durcheinander durch den Dreck führt, zusammen mit dem gemeinen Volk seiner Soldaten.
Wie angewiedert er, der feine Herr, ist, sich so unter den gewöhnlichen Männern zu sehen, ihn, der in den deutschen Städten wie ein Halbgott durch die Menschenmenge geht, die sich vor seinem Wege teilt; ihn, den stattlichen Offizier, der die Herzen aller Gretchens der Berliner Adels wild schlagen läßt.
Das, was das Erscheinungsbild aller deutscher Soldaten ausmacht, ist der Ausdruck der passiven Disziplin, die den Boche charakterisiert.

Wie es der Abt Wettorlé, der ihn gut kennt ganz richtig sagt "der deutsche Soldat hat keine Lust, keine Initiative. Mit Betreten der Kaserne machen sie die Chefs zu Automaten. Mit dem Dienstgrad werden sie zu einem verrenkten Hampelmann, der sich nicht mehr äußert, aber blindlings der Schlinge um seinen Hals gehorcht, die seine Vorgesetzen mit einer brutalen Geste ruckartig..."
Hieraus resultiert das die Männer nie unter ihresgleichen zurückgelassen werden dürfen. Es ist notwendig, dass immer der Offizier und die Unteroffiziere unter ihnen sind, um sie anzutreiben.
Und als Verlierer, Häftlinge, haben sie immer den Gang eines gepeitschten Hundes, wie Sie sie hier sehen. Während die Unserigen sogar in der Niederlage darauf achten, dass diese Würde, diese Kraft der Seele, dieser Adel der Einstellung nie den französischen Soldaten verläßt.


Les voilá les héros de la Kulture! Les voilá les maitres du monde, les représentans de la race supérieure, de la race élue!
Tous ces types d´Allemands, qui défilent dans le boyau conquis par nos troupes, ont été dessinées d´apres nature. Vous y trouverez tous les spécimens de la race depuis le lourdand Poméranien jusqu´au Herr Professor à lunettes, hirsute et prétentieux.
Vous y verrez l´officier, le "junker" à monocle, prétentieux et hautain, et qui semble indigné qu´on puisse faire ainsi défiler pêle-mêle avec la tourbe, avec le vulgum pecus constitué par ses soldats.
Quel air dégoûté il a, le gentilhomme de se voir ainsi mêlé [?] à tous ces hommes vulgaires, lui qui, dans les villes allemandes passe comme un demi-dieu dans la foule qui s´ouvre devant ses pas; lui, le bel officier qui fait battre la chamade aux coeurs de toutes les Gretchens de la nobless berlinoise.
Ce qui resort de toutes les physionomies des soldats, c´est l´expression de discipline passive qui caractérise le Boche.

Comme le dit très justement l´abbé Wettorlé qui le connait bien, "le soldat allemand n´a aucune volonté, aucune initiative. Dès son arrivée à la caserne, ses chefs s´appliquent à en faire un automate. Dans le rang, ils devient un polichinelle désarticulé qui ne raisonne plus, mais obeít aveuglément à la ficelle que tirent ses chefs d´un geste brutal er saccadé..."
Il resulte de ceci que les hommes ne doivent jamais être abandonnés à euxmêmes. Il faut que l´officier et les sous-officiers soient toujours derrière eux pour les pousser.
Et, vaincus, prisonniers, ils ont toujours cette allure de chiens fouettés que vous leur vovez ici. Alors que les nôtres gardent, mêmes dans la défaite, cette dignité, cette force d´âme, cette noblesse d´attitude qui n´abandonneront jamais le troupier francais.

Sonntag, 11. Januar 2015

Herzlichen Glückwunsch. Jetzt gehört der Artikel Ihnen! – Vorwort


Was bleibt von einem Menschen rund fünfzig Jahre nach dessen Tod? – meist nichts.
Manchmal tauchen Spuren eines bereits Vergessenen wieder auf. In diesem Fall in der Auktion eines Online-Auktionshauses:

Der Speicherfund
Im Juli 2013 ersteigerte ich einen »Speicherfund« mit dem vielversprechenden Titel: »Kriegstagebuch, Kriegserinnerungen 1916 - 1920 maschinengeschriebenes Manuskript«.
Genaugenommen wollte ich die Unterlagen erst später bearbeiten – doch sofort fesselte mich die Geschichte und ich entschloss mich, das Manuskript ohne Verzug zu veröffentlichen.

Erst nach einigem Suchen war der Name des Verfassers herausgelesen: Otto Mehnert! Er hatte das Deckblatt seines eigenen Manuskriptes genommen, um auf dessen Rückseite einen überarbeiteten Text im Roman auszutauschen.
Doch wer war dieser Mann? Bereits die ersten Nachforschungen brachten Erstaunliches über den Autor zu Tage: er war sehr oft umgezogen – siebenmal in zwölf Jahren – kinderlos verheiratet und zudem als Buchhalter tätig.

Wurden viele Recherchen durch das Internet erleichtert bzw. erst ermöglicht, so fehlten mir die persönlichen Eindrücke – auch wollte ich Mehnerts zum Teil unglaublich zu lesende Schilderungen möglichst überprüfen.
2014 unternahm ich daraufhin drei Reisen nach Frankreich. Neben Verdun und Souilly – den ersten Stationen seiner Kriegsgefangenschaft – ging es in die Champagne, wo Mehnert nach dem Krieg zu Aufräumarbeiten eingesetzt wurde, 100km entlang seines Fluchtweges an die luxemburgische Grenze und letztlich in die Normandie, um dort seine Kriegsgefangenenakte im Archiv des »Service historique de la Défense« (SHD) einzusehen.

Meist waren keinerlei Spuren des Krieges und insbesondere von Mehnerts Kriegsgefangenschaft zu finden, doch schien die Zeit an einigen Orten stehengeblieben zu sein. Einige dieser Eindrücke habe ich für das Kapitel »Spurensuche« eingefangen, bzw. mit dem Text verlinkt.

Zeitgleich mit meiner Reise nach Caen machte das Internationale Rote Kreuz in Genf die Kriegsgefangenenakten des Ersten Weltkrieges online recherchierbar. Meine Nachforschungen konnten abgeschlossen und dieses Buch fertiggestellt werden – es enthält neben Mehnerts Erinnerungen, das Ergebnis meiner Recherchen.

Den Zweck der Veröffentlichung hatte Otto Mehnert bereits bei Beginn seiner Aufzeichnungen 1919 festgelegt. Es ging ihm um Humanität im Umgang der Völker miteinander – ein Thema mit unverändert hoher Aktualität.




Sven Janke

Samstag, 10. Januar 2015

Einleitung

Grundlage für die Behandlung der Kriegsgefangenen war die 1907 ratifizierte Haager Landkriegsordnung, nach der Gefangene mit Menschlichkeit und »in Beziehung auf Nahrung, Unterkunft und Kleidung auf demselben Fuße zu behandeln [seien] wie die Truppen der Regierung, die sie gefangengenommen hat.«
Bereits im ersten Kriegswinter 1914/15 kam es in mehreren Ländern zu einem Massensterben unter den Inhaftierten, denn schnell waren die Behörden mit der großen Zahl an Kriegsgefangenen überfordert – hatte doch kaum jemand damit gerechnet, dass sich der Krieg in das nächste Jahr erstrecken würde.

Bei den aktuellen Veröffentlichungen zum Ersten Weltkrieg kann man über dieses Themenfeld kaum Substantielles erfahren. Obwohl Kriegsgefangenschaft im Europa des Ersten Weltkrieges ein »Massenphänomen« mit etwa acht bis neun Millionen betroffenen Menschen gewesen ist, sind diese zu »Vergessenen sowohl der Erinnerung als auch der Geschichtsschreibung« geworden [Oltmer].
Das war während des Krieges und in der direkten Folgezeit ganz anders: leidenschaftlich wurde insbesondere zwischen der deutschen und der französischen Seite über die Regeln der Kriegsgefangenschaft und später um die Freilassung der Kriegsgefangenen gestritten. Neutrale Staaten und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) vermittelten wiederholt Verhandlungen zwischen den Parteien – doch Repression verstanden beide Kriegsparteien als legitimes Mittel, die eigenen Interessen durchzusetzen. So wurden Kriegsgefangene in Frontnähe eingesetzt, um den Gegner dazu zu nötigen, genau diese Praxis zu unterlassen. Gleiches galt für die Herabsetzung von Nahrungsmittelrationen oder auch das Vorenthalten von Post aus der Heimat. Diese geplanten Maßnahmen, wie auch die individuelle Misshandlung von Gefangenen, trieben die »Spirale der Gewalt« insbesondere zwischen Frankreich und Deutschland immer wieder an [Oltmer].
Buchtitel, wie die deutschen Beispiele »Kurzer Kampf und lange Leiden - Erlebnisse in französischer Gefangenschaft« (Franz Stapf, 1917) oder auch »Wir weißen Sklaven: meine Erlebnisse in dreijähriger Gefangenschaft« (Hellmuth Korth, 1920), lassen die Gesinnung erahnen, mit der sie geschrieben worden sind.
Mehnerts Roman folgt nicht dieser Linie. Er ist weder anti-französisch, noch revanchistisch und widerspricht dem allgemeinen Zeitgeist am Vorabend des Zweiten Weltkrieges.
Seiner christlichen, humanistischen Grundüberzeugung folgend, begann der Autor bereits während seiner Gefangenschaft mit den Notizen für eine Veröffentlichung, jedoch »nicht, um erneut Hass zu säen, sondern um ein Beispiel zu geben, wie man es in Zukunft nicht mehr machen soll«.


Mehnerts autobiografischer Roman lässt erkennen, warum der »Große Krieg« der erste Konflikt gewesen ist, der »die Idee der Menschlichkeit an sich bedroht« hat, wie es Frankreichs Präsident Sarkozy am 11. November 2008 feststellte, als er an der Gedenkstätte der Verdunschlacht, dem Beinhaus von Douaumont, zusammen mit Vertretern des vereinten Europas an das Ende des Ersten Weltkrieges erinnerte. Dies geschah etwa 300 Meter von der Stelle entfernt, an der auch Otto Mehnert in Gefangenschaft geriet.

Freitag, 18. Juli 2014

Souilly


Weiterführende Links

Offizielle Seite der "Commune de Souilly"

Offizelle des franz. Verteidigungsministeriums: "Le camp de prisonniers allemands à Souilly dans la Meuse."

orig. Filmaufnahmen dt. Kriegsgefangener in Souilly: "German soldiers, captured in battle of Verdun, march under guard, in town of Souilly, France." - evtl. handelt es sich hier um die Filmaufnahmen, die von Mehnert beschrieben worden sind, als sie durch den Ort marschieren mussten.
Der zweite Film zeigt Bilder des Durchgangslagers.




Deutsche Kriegsgefangene vor dem Hauptquartier Souilly 1916
Die Hauptstrasse von Souilly 2014

Weitere Quellen:

P.C. Ettighoffer: Verdun – Das grosse Gericht, S. 119
Es ist einwandfrei nachgewiesen, daß die französische Verdunverteidigung dicht beim Dorf Souilly, also unter den Augen des Generalstabes, ein sogenanntes Kronprinzenlager errichtete, in dem die gefangenen deutschen Verdunkämpfer ganz besonders schmachvoll durch Hunger mürbe gemacht werden sollten, um sie zu Aussagen über eigene Truppenstärken, Batteriestellungen, Reserveunterstände und Anmarschwege zu zwingen.

Hrsg. von zwei Kriegsbeschädigten:
Die Bestie im Weltkriege : Verbrechen an deutschen Volksgenossen. Heft 6 der Schriftenfolge : Hinter dem Stacheldraht. -
Berlin: Gersbach und Sohn Verlag, o. J., ca. 1920


Das Vergeltungslager Souilly
Unsere kriegsgefangenen Kameraden sind nach einer Leidens- und Schreckenszeit ohnegleichen aus Frankreich und England in die Heimat zurückgekehrt. Was sie über ihre Erlebnisse hinter dem Stacheldraht erzählen, ist so erschütternd in seiner unvergleichlichen Grausamkeit, daß sich die Feder fast sträubt, es wiederzugeben.
In den Berichten der Heimkehrer wird immer wieder als eine furchtbare Stätte unmenschlicher Leiden
das Vergeltungslager Souilly
in der Nähe von Verdun genannt.


In besonders lebhaften Farben schildert der ehem. Kriegsgefangene Max Nees, Musketier im Res.-Inf.-Regt. Nr. 87, aus Offenbach a. M., seine Erlebnisse in jenem Lager:

"Hier (in Souilly) sollten nun unsere Leiden beginnen, Leiden, von welchen niemand eine Ahnung hatte, und welche wir den Franzosen niemals zugetraut hätten.
Wir alle hofften nun nach den Tagen der Unruhe und des Hungers - ich hatte z. B. am 15. 12. 16 keine Verpflegung mehr erhalten - auf eine geeignete Unterkunft und freuten uns darauf, den müden Körper ausruhen zu können. Der größte Teil der Kameraden war infolge des Gewaltmarsches, den die Franzosen mit uns machten, auch fußkrank, und bei den kurzen Rasten unterwegs blieben diese auf der Chaussee liegen und konnten nur mit großer Mühe weitertransportiert werden.
Aber welche Enttäuschung sollten wir erleben!
Man trieb uns in einen Stacheldraht, umgeben mit Maschinengewehren, fußhoch der Schlamm, in eine oben und unten vollständig zerrissene Zelthalle, also alles frei und offen; es begann in dieser Nacht zu frieren und wurde bitterkalt.
Wie die wilden Tiere liefen wir auf und ab, nur um in Bewegung zu bleiben und keinen ernsten Schaden zu nehmen. Trotzdem gab es eine ganze Anzahl Leute mit erfrorenen Gliedmaßen. Zwei Tage und zwei Nächte dauerte dieses Elend im Freien. Sodann verbrachte man uns in das nächste Zelt, welches aber schon von zirka 300 Mann belegt und so überfüllt war, daß sich keiner mehr rühren und regen konnte. Man lag nachts übereinander; was dann nachts hier vorging, ist nicht zu beschreiben. In diesen Tagen regnete es nun ohne Aufhören; durch Regen und Sturm wurde diese Halle zwei Tage später umgerissen, das Lager selbst, vorher Acker, glich einem großen Schlammbad.
Die Verpflegung bestand aus Wasser und Brot, dazu ab und zu einer kleinen Büchse Rindfleisch für 4 Mann. Das Wasser wurde in einem Wiesengrund geholt und war ungenießbar. 24 Stunden gab man uns überhaupt keine Nahrung.
Am 20. 12. 1916 kam dann die große Untersuchung; man nahm uns alles ab, mir z. B. Photographien, Militärpapiere, Bleistifte, Riemenzeug, Löffel usw., überhaupt alles, was man uns an der Front nicht abgenommen hatte, und was man nicht verbergen konnte.
Da man nun nirgends eine geeignete Unterkunft zum Schlafen fand (das einzige war eine alte, stark überfüllte Lehmbaracke), wanderte man die ganze Nacht, schlief im Stehen oder wo man gerade lag. Denn um uns 'Schweine' bekümmerte sich niemand.
Aus diesem Lager brachte man uns, etwa 160 - 180 Mann, endlich am 22. 12. 16 in eine kleine, einer Scheune ähnliche Baracke ohne Stroh oder sonstige Einrichtung, dafür aber Läuse in Hülle und Fülle.
Was dann hier vorging, spottet jeder Beschreibung; jede Nacht schlug man sich um die Plätze, es gab manches blaues Auge. Die Verpflegung war auch hier die gleiche, nur das Wasser war noch ungenießbarer und wurde in einem alten Faß geholt, woraus jedermann mit einem alten Fleischbüchschen schöpfte.
Die drei letzten Tage im Dezember gab man uns morgens etwas Kaffee: am 1. Januar 1917 schlug unsere Erlösungsstunde; wir wurden nach dem Hauptlager übergeführt, wo aber neue Leiden bevorstanden. Es kam zunächst die Entlausung, welche in unerhörter Weise vor sich ging:
Wir mußten uns ausziehen, alles zusammenpacken, die Hosenträger kamen in einen Petroleumbehälter, der Körper mußte mit Petroleum und mit Kampferöl eingerieben werden. Aber dies alles war ja noch zu ertragen. Die Hauptsache folgte: Es ging nun nackt - wer Glück hatte, mit einem Fetzen Decke um die Schultern - mit bloßen Füßen über das Lager, meiner Schätzung nach etwa 80 bis 100 Meter weit, auf Holzrosten nach dem sogenannten Baderaum. Feuer usw. war hier Nebensache und alles halb offen und primitiv eingerichtet. Ein Stückchen Seife gab man uns, aber kein Handtuch. In diesem sogenannten Baderaum waren an der Decke zwei große viereckige Blechbüchsen angebracht, gelocht mit einem Nagel, in welche man 1 Eimer kaltes und eine Gießkanne warmes Wasser goß; darunter trieb man etwa 14 bis 15 Mann. Dann ging es mit nassem Körper den Weg zurück nach dem Entlausungsraum, welcher auf der einen Seite offen war, und in dem zwei Maschinen standen, ähnlich Lokomobilen. Hier wartete man etwa ½ - ¾ Stunden, naß und zusammengedrängt, um sich zu wärmen, auf seine Lumpen, welche dann halb verbrannt in unsere Hände kamen. Erwähnen möchte ich noch, daß der Hin- und Hertransport oft mit Stockschlägen vor sich ging.
Dieses unerhörte Verfahren mußte ich nochmals am 15. 1., 22. 1. und 24. 1. 1917 mitmachen, und ich wundere mich heute noch, daß ich damals keinen ernstlichen Schaden genommen habe, zumal ich noch an beiden Beinen eine Anzahl Furunkel hatte, was jedoch kaum berücksichtigt wurde.
An diesem Abend gab es zum erstenmale seit 16. 12. 16 warmes Essen, und zwar saure Maccaroni.
Am 2. 1. 17 arbeitete ich bereits in einem Pionier-Depot. Ich mußte mit zwei Kameraden ohne Stiefel, also in den Strümpfen, das Dach einer Autohalle (Zelthalle) mit Leinöl firnissen; die Arbeit im Regen - es war ziemlich kalt - war in den Strümpfen keine angenehme.
Den 3. und 4. 1. 1917 ging ich mit etwa 300 Mann in einen Steinbruch in der Nähe von Souilly auf Arbeit; es regnete den ganzen Tag; man gab uns kaltes Büchsenfleisch und Brot, man trank schlechtes Wasser dazu, eine Unterkunft war nicht vorhanden. Die aufsichtführenden Elsässer teilten ziemlich viel Schläge aus. Abends wurden wir mit nassen Kleidern in einer Zelthalle mit nassem Stroh untergebracht, Krankheiten waren nun die nächste Folge.
Durch diese Strapazen und die mangelhafte Ernährung in den letzten 14 Tagen und vor allem durch das schlechte Wasser, vor dem jetzt in dem Hauptlager gewarnt wurde, das man uns aber vorher zu trinken gab, wurden die meisten von uns darmkrank, und so mußte auch ich mich am 5. 1. 17 krank melden. Mit welchen Schikanen die Krankmeldung verbunden war, will ich hier übergehen, kurz gesagt, es mußte jeder durch eine Probe den Beweis erbringen, daß er darmkrank war.
Infolge mangelhafter Behandlung starben sehr viele; die Leute kamen erst dann in ein Lazarett, wenn es zu spät war. Als sich die Krankheitsfälle mehrten, sperrte man uns Kranken von den Gesunden im Lager ab, aber alles nutzte nichts mehr: es gab zuletzt mehr als 280 Kranke im Lager, alle Darmbaracken waren überfüllt.
Nun wurde das Lager gesperrt, da man von Cholera- und Typhusfällen munkelte; in einem Laboratorium untersuchte man hierauf den Kot, ich selbst machte eine dreimalige Untersuchung mit.
Erwähnen möchte ich noch den französischen Sanitätskorporal, welcher angeblich 11 Monate in deutscher Gefangenschaft war und die Leute auf alle mögliche Art und Weise drangsalierte. U. a. fragte er morgens in den Baracken: Nix kaputt? Wieviel kaputt? Er hatte Glück, denn fast alle Tage lag so ein unglückliches Opfer tot auf seinem Stroh. Da man uns unsere Löffel abgenommen hatte und keine anderen gab, mußte man die Speisen mit den schmutzigen Fingern - denn Waschgelegenheit gab es nicht - aus dem Geschirr in den Mund bringen; erst meine wiederholten Vorstellungen führten dazu, daß man uns eine Zeitlang später Löffel gab.
Nach meiner Überzeugung ging man in diesem Lager, das nicht umsonst das Schreckenslager von Souilly genannt wurde, systematisch darauf aus, die Gesundheit der Gefangenen zu untergraben, was den Herren Franzosen auch nur zu gut gelungen ist; der dortige Friedhof legt Zeugnis davon ab. Man machte keinen Hehl daraus, daß dies alles eine Strafe sei für die Kämpfer der Kronprinzen-Armee. Das Lager verließ ich am 19. 2. 1917."


Vizefeldwebel Franz Libera vom Grenadier-Regiment Nr. 6 aus Görlitz erzählt über dasselbe Lager:

"Am 15. Dezember 1916 geriet ich bei Douaumont in französische Gefangenschaft. Beim Abtransport am nächsten Tage in das Lager von Souilly machten wir in dem ersten Dorfe hinter Verdun halt, woselbst die Offiziere und einige Unteroffiziere einem Verhör unterzogen wurden. Als ein Vizewachtmeister auf Befragen, wo sich die schwere Artillerie in Stellung befinde, die Auskunft verweigerte, wurde er von einem französischen Major mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Darauf ist er unter besondere Bewachung gestellt worden, und es wurde ihm erklärt, wenn er binnen einigen Stunden nicht die Aussage mache, werde er standrechtlich erschossen. Dies geschah alles in Gegenwart des ganzen französischen Divisionsstabes, welcher in dem Dorfe war. Da wir einige Zeit darauf weiter in Marsch gesetzt wurden, und der Kamerad dort zurückbleiben mußte, kann ich nicht angeben, welche weiteren Mißhandlungen er zu erdulden hatte. Auch im Lager von Souilly wurde versucht, die Unteroffiziere zur Aussage zu zwingen, indem sie mehrere Tage nichts zu essen bekamen. Sonst waren wir in diesem Lager den schwersten Mißhandlungen ausgesetzt. Die französischen Unteroffiziere trugen dicke Stöcke bei sich; bei dem geringsten Vergehen schlugen sie damit auf die Gefangenen ein, so daß mancher Kamerad unter den wuchtigen Schlägen blutig zusammenbrach. Auch erklärten uns die französischen Unteroffiziere, daß dies das Straflager für die Kronprinzenarmee sei, welches auf Befehl der obersten Behörden errichtet wurde, und daß sie von ihren Vorgesetzten Befehl hätten, die Gefangenen zu mißhandeln.
Am 1. Weihnachtsfeiertage war Gottesdienst für beide Konfessionen angesetzt. Mitten während der Feier kamen aber die Unteroffiziere in die Zelte und trieben alle mit ihren Stöcken hinaus. Kurze Zeit darauf befanden wir uns auf dem Wege zum Steinbruch. Ausreißer wurden nach schweren Mißhandlungen, wie Schlägen, Fußtritten und dergleichen, in finstere Löcher eingesperrt und mußten täglich zwei Stunden lang mit Steinen gefüllte deutsche Tornister schleppen, deren Trageriemen entfernt und durch ganz dünnen Bindedraht ersetzt waren. Der Stabsarzt des Lagers hat schwerkranke Leute, die sich kaum noch auf den Beinen halten konnten, während der Revierstunde geschlagen und hinausgeworfen, anstatt sie in Behandlung zu nehmen. Noch schwerer mißhandelte der Korporal die Leute durch Schläge und Fußtritte. Die Namen dieser beiden Peiniger sind: Stabsarzt Georg Froin, Paris, und Korporal Bureau, Lyon."

Unteroffizier Hubert Hinz vom Infanterie-Regiment. Nr. 394 bestätigt die viehische Behandlung im Lager Souilly und fügt noch hinzu:

"Nachdem es mir so traurig in der Kampfzone ergangen war, hoffte ich auf menschlichere Behandlung im Lager Souilly-Verdun, wohin ich am Abend durch eine amerikanische Ambulanz transportiert wurde. Aber anstatt, wie ich hoffte, etwas Erfreuliches zu sehen, ein noch größeres Elend! Die Baracken und Zelte waren überfüllt von deutschen Verwundeten. So kam es, daß ich mit vielen andern zusammen in einen Drahtverhau - unter freiem Himmel - getragen wurde. Dicht aneinander lagen wir dort, ohne Decken und Mäntel; die leichter Verwundeten und Gaskranken standen dazwischen. Noch am Abend baten wir um Erneuerung der Notverbände, jedoch schlug der Militär-Chefarzt unsere Bitte glatt ab. Auch Wassertrinken wurde nicht gestattet!
Noch spät in der Nacht kam der Chefarzt - leider ist sein Name mir nicht bekannt; er trug einen schwarzen Vollbart und goldenen Kneifer - und fragte: 'Sie haben Durst?' 'Ja.' Höhnisch grinsend antwortete er: 'Warum sind Sie gekommen nach hier? Man hat Sie nicht gerufen!' Zu seinem Begleiter, anscheinend einem Elsässer, meinte er darauf: 'Voilà l'armée Boche du Kronprinz!' Eine Hilfe wurde uns nicht gewährt.
Am 21. morgens hielt dieser noble Arzt seine 'Visite', die darin bestand, daß er anordnete, die Kameraden, die ihren Wunden erlegen waren, hinauszuwerfen. Er teilte uns daraufhin noch mit, daß wir noch hierblieben, weil deutsche Flieger das Lager und den Flugplatz mit Bomben beworfen hätten. Wir seien die Repressalien. Tatsächlich blieben wir noch weitere vier Tage so liegen, ohne Nahrung und Getränk, geschweige neue Verbände. Am zweiten Tage mußte ich dringend meine Bedürfnisse verrichten. Zwei leichtverwundete Kameraden schleppten mich bis zur Latrine. Da aber dort keine Sitzgelegenheit war, mußte ich als Behelfsstütze eine Bank nehmen. Dies sah ein französischer Capitain, der mit mehreren Offizieren in der Nähe stand. Sie flüsterten sich etwas zu. Darauf kam der Capitain angelaufen, versetzte mir einen Tritt in den Leib, so daß ich mitsamt meiner Bank hinschlug. Zu diesen Schmerzen kamen die der Verwundungen, ich vermochte den Schrei nicht zu unterdrücken. Der Capitain wandte sich um und schrie mir ins Gesicht: 'Ferme la geule, sale cochon!' (Halt deine Schnauze, dreckiges Schwein!) Bei den Offizieren rief das ein allgemeines Gelächter hervor - wohlwollende Behandlung durch die Offiziere der noblen Nation!"


Von dem Unteroffizier Paul Köhler aus Berlin N 58, Gleimstr. 24, hören wir über dasselbe Lager:

"In diesem Schreckenslager Souilly war ich 21 Tage; den zweiten Tag wurden zwei Kameraden erschossen, und zwar auf folgende Weise: Es kamen von der Verdun-Offensive, welche am 15. Dezember 1916 begann, zirka 15 000 Gefangene. Als wir die sehr schlechten Zelte aufbauten, kamen die Kameraden hinter einen Drahtzaun; alle hatten großen Durst und reichten alte Konservenbüchsen durch den Drahtzaun durch, um das Regenwasser zu trinken, welches sich in dem Lehmboden in winzigen Mengen [10] angesammelt hatte. Hierbei wurden sie erschossen. Das sind die Kameraden, welche ewig vermißt bleiben werden: die Namen konnte ich leider nicht feststellen.
Die Arbeiten wurden teils im Steinbruch, teils im Wald verrichtet; die Steinbrucharbeiter, die von früh 6 bis abends 6 Uhr arbeiteten, mußten zur Strafe noch einen großen Stein bis nach dem Lager tragen, das eine Stunde von der Arbeitsstelle entfernt war. Die Waldarbeiter mußten junge Bäume abhauen, welche die französischen Sergeanten den ganzen Tag zum Schlagen auf die Kameraden benutzten. Hiervon war ich Augenzeuge, abends beim Wassersuppeempfang, wohlbemerkt nach fünf Tagen das erstemal ¼ Liter und 300 Gramm Brot! Vorher gab es nichts als jeden Tag für sechs Mann eine Fleischbüchse, dazu ¼ Liter Wasser, kein Brot. Die sogenannte 'Treibjagd' war zusammengesetzt aus einem Sergeanten, Korporalen und der ganzen Wache; es wurde blindlings immer drauflosgeschlagen, ein Kamerad brach unter der Wucht der Schläge zusammen und war tot, wurde liegengelassen, alles ging über ihn hinweg.
Nun kommen wir zu den ärztlichen Untersuchungen. Da es doch viele Ruhr- und Typhuskranke gab, welche alle in einem Zelt lagen, so mußten die Kranken des Morgens auf dem Hof in Reihen rechtsum antreten und in alten Tellern oder Kochgeschirren ihren Stuhlgang vorzeigen, was sehr schnell gehen mußte, da viele während dieses Vorganges vor Schwäche umfielen. Aus demselben Geschirr mußten sie wieder ihre Suppe genießen. Bei diesem Auftritt fragte immer wieder der berühmte Arzt, welcher mehr den Eindruck eines Apachen machte, in seinem gebrochenen Deutsch: Wieviel tot? Wenn fünf bis acht Tote waren, sagte er: 'Nicht gut, morgen mehr Tote sein.'
In diesem Lager sind 19 Kameraden wahnsinnig geworden, zum Teil gestorben, zum Teil vermißt. Die ersten fünf Tage in diesem Schreckenslager standen wir Mann an Mann, durften uns weder setzen noch legen; sowie es einer wagte, bekam man in dem sogenannten Hof einen Tornister auf den Rücken, welcher mit Steinen beschwert war, und mußte so lange unter Aufsicht des Sergeanten nach deutschem Muster marschieren, bis man umfiel und dann anschließend in eine Zelle geworfen wurde. Bei dieser Qual wurde man ständig von den französischen Sergeanten geschlagen; so ging es volle drei Wochen, bis wir ganz erschöpft waren und in einer derartig verzweifelten Lage, daß sich jeder gern den Erlöser wünschte."






Samstag, 17. Mai 2014

1224 Tage Kriegsgefangenschaft

24. Oktober 1916, Fort Douaumont vor Verdun:
 

Kriegsgefangenschaft
Otto Mehnert: GRAU
der 18jährige MG-Schütze Otto Mehnert gerät in Kriegsgefangenschaft. 
Als die Gefangenen auch nach Kriegsende nicht entlassen, sondern zu Wiedergutmachungsarbeiten auf den ehemaligen Schlachtfeldern eingesetzt werden, entschließt er sich zur Flucht, sein »Kampf um Freiheit« beginnt...
Schockiert über die unmenschliche Behandlung der dt. Soldaten notierte der gläubige Mann seine Erlebnisse, um »alle diese Grausamkeiten und ihre körperlichen und seelischen Auswirkungen vielleicht später einmal zu schildern«.
Mehnert schreibt »nicht, um erneut Hass zu säen, sondern um ein Beispiel zu geben, wie man es in Zukunft nicht mehr machen soll!« 


Mehnert zitiert im Musée de la Voie Sacrée
Mit diesem Roman werden die erst 2013 entdeckten Aufzeichnungen über die Kriegsgefangenschaft Mehnerts veröffentlicht.
Sie geben zum Teil erschütternde Einblicke in das Schicksal der kriegsgefangenen Männer jenseits der Front – einer Welt der Not, Erniedrigung und menschlicher Abgründe, aber auch der Kameradschaft und immer wieder kurz aufblitzender Menschlichkeit des „Feindes“.


Verdun
Buchempfehlung in

CLAUSEWITZ SPEZIAL 11 
VERDUN

Lesenswert!




Leseempfehlung der Deutsch-Französischen Gesellschaft Bonn


"Ein mitreißendes Werk [...], das der HHK seinen Lesern besonders empfehlen möge", HHK (01/2017)



eBook

Kindle-Edition bei Amazon: 
Umfang ca. 250 Seiten.
25 Abbildungen, vier Karten und 45 Fußnoten kenntnisreich illustriert und kommentiert.

Einführungspreis:  4,99 €     Blick ins eBook



Buch


VerdunNeue Auflage bei epubli
Umfang: 280 Seiten, Broschur 
56 Abbildungen, vier Karten und 73 Fußnoten, kenntnisreich illustriert und kommentiert.
ISBN 978-3-95645-550-6



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Verdun
Verdun




Die weitere Handlung

Nach kurzer Internierung im „Straflager Souilly“ muss Mehnert zunächst in Frontnähe arbeiten – er ist in die grausame Repressionsspirale zwischen die beiden Kriegsparteien geraten, nach deren Logik der Gegner fernab geltenden Kriegsvölkerrechts behandelt wird, um Erleichterungen für die eigenen Soldaten zu erpressen…

In der Folgezeit zeigt sich der gläubige Christ zunehmend schockiert über die fortwährende unmenschliche Behandlung der deutschen Soldaten und beginnt mit den Aufzeichnungen zu seinem Buch, um „alle diese Grausamkeiten und ihre körperlichen und seelischen Auswirkungen vielleicht später einmal zu schildern“, wie er zunächst unverbindlich notiert.
Mehnert urteilt aus christlicher, humanistischer Grundüberzeugung heraus, und notiert „nicht, um erneut Hass zu säen, sondern um ein Beispiel zu geben, wie man es in Zukunft nicht mehr machen soll!"
Als die Gefangenen auch nach Kriegsende nicht entlassen, sondern vielmehr zu Wiedergutmachungsarbeiten  auf den ehemaligen Schlachtfeldern eingesetzt werden, entschließt er sich zur Flucht, sein "Kampf um Freiheit" beginnt...